100 Jahre Caritas in der Erzdiözese Bamberg
Ein Eindruck der wichtigsten Stationen in der Zeiteschichte
1921 - 2021
1921 - 2021
In der Säkularisation 1803 wurden mit Klöstern und Stiftungen auch deren Spitäler und Hospize enteignet. Um die Versorgungslücke zu schließen, gründeten ab 1840 Katholiken karitative Vereine. Die soziale Not als Begleiterscheinung der Industrialisierung führte zu einer Vermehrung der Vereine und machte eine Koordination notwendig. Daher gründeten die karitativen Initiativen Caritasbüros (1913 in Nürnberg, 1919 in Bamberg) und Ortscaritasverbände (1917 in Bamberg, 1922 in Nürnberg). Das Caritasbüro der Bischofsstadt nahm auch diözesanweite Aufgaben wahr, z.B. 1920 eine bistumsweite Sammlung von Lebensmittelspenden.
Auf Drängen des Deutschen Caritasverbandes – Präsident Lorenz Werthmann hatte im April 1920 in Bamberg eine Schulung gehalten – berief Erzbischof Jacobus von Hauck für den 7. Februar 1921 die Gründungsversammlung für den Diözesan-Caritasverband Bamberg ein. Ein Vorstand wurde am 18. Mai gewählt. Zum Vorsitzenden und Diözesan-Caritasdirektor ernannte der Erzbischof Domkapitular Theodor Madlener (bis 1943).
1923 - Die Hyperinflation bringt nach dem 1. Weltkrieg erneute Not mit Unterernährung und erhöhter Säuglingssterblichkeit. Die Caritas hilft durch Ausgabe von Babymilch, Lebensmitteln und Bekleidung. Sie versorgt, etwa mit Mittagstischen und mit neuen Altenheimen, bedürftige Senioren, deren Altersversorgung vernichtet war.
1925 - 1935 Die Kindergärten werden von 63 mit 3.000 Plätzen auf 90 mit 4.500 Plätzen ausgebaut. Die Krankenpflegestationen nehmen von 70 auf 99 zu.
1929 Ab diesem Jahr finden jährlich Caritas-Kindererholungen statt.
1930 - 1933 Das Frankenlandhilfswerk sammelt in ganz Bayern Nahrungsmittel, Bekleidung, Bettwäsche und Brennstoff für arme Familien in der wirtschaftlich benachteiligten Region.
1933 - 1945 Die Nationalsozialisten unterdrücken nach der Machtergreifung die freien Wohlfahrtsverbände zugunsten der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (NSV). Auch Katholiken und Caritasmitglieder werden zum Eintritt in die NSV gezwungen. Am härtesten trift die Caritas die Schließung ihrer Jugendhilfe-Einrichtungen (Kindergärten, Internate, Hauswirtschaftsschulen). Danach requiriert das Dritte Reich auch andere Häuser – für die Kinderlandverschickung, für Evakuierungen, für die Wehrmacht oder als Lazarett. Insgesamt werden 26 Caritas-Einrichtungen mit zusammen 3.200 Plätzen enteignet. In Nürnberg werden die meisten Heime durch die Bombenangriffe zerstört.
1943 Msgr. Dr. Philipp Kröner, seit 1937 bereits Caritaskurat, der de facto den Diözesan-Caritasverband leitete, wird Diözesan-Caritasdirektor. Er steuert die Caritas durch die Nazizeit und organisiert danach den Aufbau der karitativen Arbeit.
1945 Nach Ende des 2. Weltkrieges kommen wegen der exponierten Lage an der Grenze zur sowjetischen Besatzungszone 450.000 Vertriebene ins Erzbistum Bamberg. Die Caritas unterhält 12 Lager und 23 kleinere Unterkünfte. Mehrere Gebäude (darunter Kloster Banz) mietet der Diözesan-Caritasverband als Flüchtlingsheime an.
1950 - 1955 Besaß der Diözesan-Caritasverband vor 1945 nur das Walburgisheim in Bamberg, so erfolgten bis 1955 17 Neubauten, 8 Ankäufe und 7 Pachtverträge. Insgesamt zählte die Caritas im Erzbistum damals 119 Heime mit 7.680 Plätzen. Der Diözesan-Caritasverband wurde selbst Träger vieler Einrichtungen, da andere starke Organisationen (etwa karitative Orden) im Erzbistum nicht aktiv waren. 132 neu Kindergärten entstehen.
1959 Das Waldkrankenhaus in Erlangen wird eröffnet. Betrieben wird es von den Vierzehnheiligenschwestern.
Bau von 11 neuen und Modernisierung von 9 Altenheimen.
1961 Walter Schirmer wird Diözesan-Caritasdirektor. Mit seinem Amtsantritt fällt der Beginn einer neuen Phase deutscher Sozialpolitik zusammen. Das Bundessozialhilfegesetz und das Jugendwohlfahrtsgesetz bescheren der Caritas neue Einrichtungen und Aufgaben und den Ausbau hauptberuflicher sozialer Arbeit.
1962 - 1965 Die Zusammenarbeit mit den Kommunen lässt sich zentral von Bamberg aus nicht bewerkstelligen. Daher besetzt Schirmer die Caritas-Kreisstellen in den Landkreisen und kreisfreien Städten mit hauptamtlichem Personal.
1966 Die ersten Ordensschwestern aus Indien nehmen ihre Arbeit in der Alten- und Krankenpflege auf. Das Erzbistum Bamberg ist dabei Vorreiter in Bayern.
Ab 1972 Es erfolgt eine weitere Regionalisierung. Es werden rechtlich selbständige Stadt- und Kreis-Caritasverbände gegründet. Sie sind Träger der Caritas-Sozialstationen (ambulante Pflege) und von Beratungsstellen. Die frühere Caritas-Kreisstelle teilt sich in regionale Geschäftsstelle und Allgemeine Soziale Beratung. Spezialisierte Beratungsstellen entstehen (z.B. für Erziehung, Schwangerschaftsfragen, Suchtkranke, ausländische Arbeitnehmer).
1973 Die Fachschule für Altenpflege in Bamberg wird gegründet.
1978 Das Heilpädagogische Zentrum in Lichtenfels wird gegründet. Die Einrichtung für Menschen mit Behinderung entwickelt sich zur größten des Diözesan-Caritasverbandes. Als Teil des HPZ wird 1984 die Maximilian-Kolbe-Schule eröffnet.
1989 Als sich die innerdeutsche Grenze öffnet, strömen Tausende Besucher ins Erzbistum. Die Bahnhofsmissionen in Hof, Bamberg, Erlangen und Nürnberg tragen zu deren Versorgung bei, ebenso die Kreis-Caritasverbände Hof, Coburg und Kronach. Diese tragen auch die sozialen Folgen der Wiedervereinigung: eine hohe Arbeitslosigkeit durch Wegfall der Zonenrandförderung und Verlagerung von Unternehmen in die neuen Bundesländer und nach Tschechien.
1997 - 2000 Die Kommerzialisierung karitativer Dienste, v.a. in der Pflege veranlasst die Caritas zur Selbstvergewisserung. Es entsteht ein Leitbild des Diözesan-Caritasverbandes, in dem er sich auch als Anwalt der Armen positioniert. Mit fast 100 Einrichtungen entwickelt er gleichzeitig das eigene Qualitätsmanagementsystem „DiCVQuM“, das auch dem Anspruch der Caritas, christliche Nächstenliebe zu verwirklichen, gerecht werden will.
1998 Msgr. Bernhard Simon, bis dahin Diözesan-Betriebsseelsorger, wird Diözesan-Caritasdirektor.
1999 Die deutschen Bischöfe steigen aus der staatlichen Schwangerschaftsberatung aus. Die Schwangerschaftsberatungsstellen im Erzbistum Bamberg verstärken daraufhin unter dem Namen „Love Tours“ die präventive Arbeit mit Jugendlichen, gerade auch an Schulen.
Ab 1999 Die Reform der Arbeitslosen- und Sozialhilfe durch deren Zusammenführung (Hartz-Gesetze 2002-2004) erzwingt einen Wiederausbau materieller Hilfen und fordert stark die Allgemeine Soziale Beratung, deren Klienten seitdem v.a. von Empfängern staatlicher Leistungen (ALG II/Hartz IV) gestellt werden.
2002 Um geänderten Erwartungen an einen ehrenamtlichen Einsatz zu entsprechen, gründet die Caritas im Erzbistum drei Freiwilligenzentren. Sie helfen Interessierten, eine zu ihren Wünschen und Fähigkeiten passende Aktivität zu finden. Dabei agieren sie als Dienstleister für alle gemeinnützigen Organisationen. Mehrere hundert Jugendliche nehmen jährlich am „Freiwilligen Sozialen Schuljahr“ teil, das ihnen ermöglicht, sich in einem ehrenamtlichen Engagement auszuprobieren.
2002 Der Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg bezieht eine neue Zentrale in der Oberen Königstraße. Sie erhält den Namen Dr.-Philipp-Kröner-Haus.
2003 Bürokratisierung und gestiegene Anforderungen zwingen kleinere Träger, ihre Einrichtungen an den Diözesan-Caritasverband abzugeben. Den Anfang macht die Fachakademie für Sozialpädagogik in Bamberg. Es folgen mehrere Pflegeheime und die Fachakademie in Erlangen.
2006 Als erster Nicht-Kleriker wird Gerhard Öhlein Diözesan-Caritasdirektor.
2006-2008 Der Diözesan-Caritasverband leitet das Modellprojekt „Kindertagesstätten auf dem Weg zum Familienstützpunkt“. Danach in ein Fortbildungsprogramm überführt, haben sich seitdem 58 Kindertagesstätten zu Anlaufstellen in einem Netzwerk für Familien weiterentwickelt.
Ab 2007 In Zusammenarbeit mit dem kirchlichen Wohnungsunternehmen Joseph-Stiftung entwickelt der Diözesan-Caritasverband das Modell „In der Heimat wohnen“. Es verbindet barrierefreie Mietwohnungen mit Quartiersmanagement und Unterstützungsleistungen der Caritas.
2011 Der Diözesan-Caritasverband gründet ein Ethikkomitee. Es setzt ein Fortbildungsprogramm auf zur Qualifizierung von Ethikbeauftragten in den Caritas-Einrichtungen.
2015/2016 Die starke Zuwanderung von Flüchtlingen und Asylbewerbern erfordert einen starken Ausbau der Flüchtlings- und Integrationsberatung und –betreuung.
2016 Der Caritasverband für die Erzdiözese Bamberg e.V. gibt sich eine neue Satzung. Ein zweiköpfiger Vorstand, den der Erzbischof von Bamberg ernennt, wird von einem zehnköpfigen Aufsichtsrat kontrolliert. Der Verband setzte damit eine Vorgabe der deutschen Bischöfe um.
2018 Helmar Fexer wird Diözesan-Caritasdirektor.
2019 Der Diözesan-Caritasverband gründet seine entgeltfinanzierten Einrichtungen (in der Alten-, der Behinderten- und der Jugendhilfe) in die Caritas gGmbH St. Heinrich und Kunigunde aus. Seitdem konzentriert er sich auf die Aufgabe als Spitzenverband der freien Wohlfahrtspflege.