Hinsehen:
Caritas nahm stets die Probleme unserer Gesellschaft wahr. Von Anfang an reagierte der Diözesan-Caritasverband auf die großen Krisen, deren Folgen die Menschen beutelten. Als der Verband gegründet wurde, waren die Folgen des 1. Weltkriegs noch deutlich zu spüren. Kriegswaisen, Versehrte, unterernährte Kinder bedurften schlicht materieller Unterstützung durch Essensausgaben, Lebensmittelspenden, Kleiderkammern. 1923 folgte die Hyperinflation, die die Ersparnisse vieler Menschen vernichtete und gerade alte Menschen in die Armut stürzte.
Heute sind die Herausforderungen nicht kleiner. 2015/16 erforderte der starke Zuzug von Kriegsflüchtlingen und Asylbewerbern den Ausbau von Beratung und Betreuung dieser Menschen. Seit dem vergangenen Jahr müssen wir Lösungen finden, unter den Bedingungen einer Pandemie soziale Hilfen aufrecht zu erhalten, etwa indem wir Beratung verstärkt online anbieten.
Die Caritas achtet stets auch auf die versteckte Not, die sich aus Scham oder in Unkenntnis der Hilfeangebote nicht zu erkennen gibt. So gehören die Erholungsmaßnahmen für gesundheitlich beeinträchtigte Kinder und Jugendliche zum festen Angebot des Diözesan-Caritasverbandes, das über die Jahrzehnte hinweg immer wieder den aktuellen Bedürfnissen angepasst wurde.
Handeln:
Nie hat die Caritas nur Missstände kritisiert. Caritas bedeutet aktive Unterstützung – in der Pflege, durch Beratung, mit materiellen und finanziellen Hilfen. Daher hat sich in 100 Jahren ein breites Spektrum an Diensten und Einrichtungen entwickelt, das auf ganz unterschiedliche Problemlagen eingeht. Von der mehrfachen Behinderung bis zur Suchterkrankung, von der Beratung in Schwangerschaftsfragen bis zur Sterbebegleitung, von der Obdachlosigkeit bis zur häuslichen Gewalt – die Caritas ist bestrebt, Menschen in Not nicht alleine zu lassen.
Daher ist es insbesondere dem Diözesan-Caritasverband ein Anliegen, dass Nachwuchs für die sozialen Berufe ausgebildet wird und dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stetig weiterbilden. Beste Qualifikation auf der Höhe der Zeit ist für die Beschäftigten in den Caritas-Diensten und –Einrichtungen unerlässlich.
Die Hilfe für Menschen, die sich in Schwierigkeiten befinden, ist der Caritas so wichtig, dass sie dafür auch finanzielle Eigenmittel einsetzt. Daher ist Caritas auf Sie als Spender angewiesen. Die Caritas-Sammlungen und Caritas-Kollekten, die von den Pfarreien durchgeführt werden, sind nach wie vor eine wichtige Unterstützung unserer Arbeit. Gerade die Hilfe für die Ärmsten können wir nur leisten, wenn wir Ihrer aller Rückhalt haben.
Herzlichkeit:
Caritas engagiert sich aus echter Solidarität mit den Benachteiligten. Caritas versteht sich als Anwalt der Benachteiligten. Deren Anliegen will sie in der Gesellschaft hörbar machen und eine Stimme derer sein, die keine Lobby haben.
Bei aller Professionalität hilft Caritas aus Liebe zum Mitmenschen. Daher ist ehrenamtliches und freiwilliges Engagement eine unverzichtbare Form karitativer Tätigkeit. Der Caritas im Erzbistum Bamberg ist es daher wichtig, dass sie in den Pfarreien verankert ist und dass die Pfarreien die hauptamtlich organisierte soziale Arbeit der Caritasverbände mittragen.
Wie die Kirche ohne Caritas nicht sein kann, so die Caritas nicht ohne Kirche. Caritas versteht sich als ein starkes Stück Kirche in der Gesellschaft.
Helmar Fexer, Diözesan-Caritasdirektor
Als der Diözesan-Caritasverband Bamberg 1921 gegründet wurde, waren die Folgen des 1. Weltkriegs noch deutlich zu spüren. 1923 folgte die Hyperinflation. Armut war damals ein Massenphänomen. Die Caritas sammelte und verteilte Lebensmittel und Kleidung. Helmar Fexer und Ursula Kundmüller, die den Vorstand des Caritasverbandes für die Erzdiözese Bamberg e.V. bilden, sagen, welche Not die Caritas heute umtreibt.
Helmar Fexer: Auch heute sind wir immer wieder mit akuten Notlagen konfrontiert. 2015/16 war es der starke Zuzug von Kriegsflüchtlingen und Asylbewerbern. Die Caritas hat – auch dank der Unterstützung durch das Erzbistum – die Beratung und Hilfe für diese Menschen stark ausgebaut. Jetzt ist es die Corona-Pandemie, der wir uns stellen müssen. Durch den wiederholten Lockdown sind Menschen auf einmal in Schwierigkeiten, die zuvor noch ein ganz normales Leben führten. Gerade die Beschränkungen für bestimmte Wirtschaftszweige mit Folgen wie Kurzarbeit, Arbeitslosigkeit, keine Aufträge für Solo-Selbständige – sie haben Lebensentwürfe durchkreuzt und die Finanzen von Familien zerrüttet. Und die Schwächsten – etwa Mini-Jobber – trifft es am härtesten.
Teilhabe ermöglichen
Ursula Kundmüller: Unsere Beratungsstellen – Allgemeine Soziale Beratung, Schulder- und Insolvenzberatung – sind jetzt stark gefordert. Zum Glück können wir angesichts der Kontaktbeschränkungen Online-Beratung anbieten. Unsere Kindererholungen haben wir neu konzipiert – gemeinsame Freizeit mit Abstand und Hygiene; denn wir wollen den Familien nach Homeschooling und Homeoffice bewusst die Gelegenheit zum Krafttanken geben.
In unserem Jubiläumsjahr fördern wir zudem Maßnahmen, die Menschen in einer zunehmend vernetzten Welt mehr Teilhabe ermöglichen. Denn manche gesellschaftliche Gruppen drohen abgehängt zu werden. Das können Familien mit einem geringen Einkommen sein, die etwa ihren Kindern nicht die Geräte zur Verfügung stellen können, die sie für den Unterricht zu Hause benötigen. Das können aber auch andere Hürden sein, z.B. dass im Internet nur selten Texte in Leichter Sprache angeboten werden.
Was kann die Caritas tun?
Ursula Kundmüller: Armut und der Ausschluss von Teilhabe beschäftigen uns generell. Derzeit widmen wir uns besonders dem Thema Wohnen. Bezahlbarer Wohnraum ist zur Mangelware geworden. Und am Ende der Verdrängungskette stehen wohnungslose, obdachlose und strafentlassene Menschen. Hier wollen wir mit der Politik neue Lösungen entwickeln.
Aber auch jenseits der Pandemie gilt es Probleme zu lösen …
Helmar Fexer: COVID-19 hat uns vor Augen geführt, dass wir Digitalisierung vorantreiben müssen. Digitale Formen der Zusammenarbeit sind auch im sozialen Bereich kein Fremdwort mehr. Wir haben z.B. einen datensicheren Caritas-Messenger-Dienst eingeführt, auch für die Kommunikation zwischen Beratenden und Klienten. Wir erproben digitale Hilfen für das Zusammenwirken von Pflegeheimen und –diensten mit Ärzten und Apotheken, etwa Videosprechstunden und digitale Patientenakte. Wir nutzen verstärkt das Internet zur Personalgewinnung.
Welche Auswirkungen hat Corona außerdem?
Helmar Fexer: Ja, qualifizierte und am christlichen Menschenbild orientierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gewinnen, ist eine große Herausforderung. Die Caritas muss immer wieder deutlich machen, dass sie ein attraktiver Arbeitgeber ist mit guter Bezahlung und vielen Zusatzleistungen (wir sind einer der wenigen Arbeitgeber, die noch eine Betriebsrente finanzieren), darüber hinaus weltoffen und achtsam im Umgang miteinander. Ein Plus des Diözesan-Caritasverbandes Bamberg ist, dass er ein Schutzkonzept hat, das allen Formen von Gewalt vorbeugt.